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 Theresa Katharina Horlacher
»Ich sollte gar nicht hier sein«
27.04.2021
Diese Arbeiten sind persönlich, um nicht zu sagen: privat. Direktheit und Unschuld sind spürbar, Unzu- länglichkeiten sind eingebaut. Die Malerin beschäftigt vieles, Fotografie, Performance; auch aktionistische Interventionen sind genauso wichtig wie die Arbeit mit Leinwand. Sie versucht Prozesse darzustellen und auch, wie diese als Ausstellung funktionieren. Präsen- tationsbedingungen von Kunst werden mitgedacht. Schrift, Schriftähnliches ist vielleicht ihr wichtigster Motor beim Machen, Schreibübungen mit der linken Hand, genauso wie das Auslöschen von Geschriebenem. Ein Bild ist hier eher Zustand als beendete Form. An den Wänden sind aufgereihte Bildobjekte aus Salzteig, mit »genageltem« Rand; Aufzählungserinnerungen als Memos, Notiz-Hiebe auf Papier auf Leinwand geklebt oder gestrichelt, daneben eine Leinwand mit ihrem
Namen »Theresa Katharina Horlacher«, bis zur Unle- serlichkeit mit brauner Farbe übereinandergemalt; ein »sprechendes« Graffiti-Zeichen auf ungrundiertem Nesselstoff; dann die große, genähte Arbeit von 2017, großteils pastos übermalt, Ölfarbe zum Reinbeißen. Im Raum steht dann noch ein selbstgebauter Abfalleimer, geschnitten aus Hartfaserplatten; ein billiger Tisch mit einer haltlosen Zeichnung auf der Unterseite, die nur liegend vom Fußboden aus inspiziert werden kann; dann der Arbeitsplatz von 2016 als mächtiges Zeichen im Raum, ein massiver, skulpturaler Berg, der all das nicht mehr zeigt, was auf ihm während des Studiums vorgekommen ist, die Regale leergeräumt, wie anderes auch. »Ich sollte gar nicht hier sein«, sagt die Künstlerin im Rücken des Bergs und meint vielleicht, dass sie mit dem Kopf bereits in Wien ist, wo es die hartnäckigsten Künstler der Welt geben soll.
Klaus Merkel
Theresa Katharina Horlacher
Geboren 1995 in Ulm. Seit 2014 an der Kunstakademie Münster. Studierte bei Prof. Klaus Merkel und Alex Wissel. Meisterschülerin seit 2019.
theresa.katharina.horlacher
01 / Ausstellungsansicht: Arbeitsplatz, Sperrholz, 144 × 110 × 180 cm, 2016 u. a.
 
























































































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