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Lara Kaiser
»Gotland Stipendium des Landschafts- verbands Westfalen- Lippe (LWL)«
Die Kulturpartnerschaft zwischen dem LWL und der schwedischen Insel Gotland existiert seit 1976. Jähr- lich entsendet die Region Gotland (Verwaltung von Gotland) schwedische Künstler*innen für einen Monat nach Westfalen. Parallel werden westfälische Künst- ler*innen seitens des LWL mit einem Stipendium für Gotland ausgezeichnet.
Jedes Jahr kann eine Fachjury der Kunstakademie Münster bis zu fünf Studierende für das Stipendium nominieren. Es beinhaltet einen vierwöchigen Auf- enthalt auf der Insel Gotland in der Künstler*innen- siedlung der Brucebo-Stiftung, nahe der Hauptstadt Visby. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) übernimmt eine Reisekostenpauschale sowie einen Pauschalbetrag für Verpflegung und Arbeitsmaterial. 2022 wurde das Stipendium an Lara Kaiser vergeben:
Mein Stipendium auf Gotland fand im September 2022 statt. Jenseits der touristischen Hauptsaison wirkt die Insel still, sodass vor allem die Ruhe, das Licht und die sich ausdehnende Natur die künstlerische Arbeit begleiten. So bildete den Schwerpunkt der meisten Tage die Arbeit an neuen Bildern in einem großzügigen Ate­ lier. Dieses befindet sich in Själsö, einem losen Häuser­ verbund, etwas abseits der Hauptstadt Visby, welcher das Meer als eindrucksvollen Nachbarn hat. Außerdem unternahm ich Reisen zu weiter entfernten Orten der überraschend großen und an Eindrücken vielfältigen Insel, in denen ich die Abgeschiedenheit auf einem an­ deren Weg erprobte.
Wertvoll waren die Besuche der vielen mittelalterli­ chen Landkirchen, in denen sich zahlreiche Fresken be­ finden, die aus dem 11. bis 14. Jahrhundert stammen und noch heute erhalten sind. Daneben existieren zahlreiche Ruinen, die in Visby noch immer von der Geschichte der Stadt, ihrer Blüte und ihrem Niedergang zeugen. Ich be­ suchte verschiedene kleine Ausstellungshäuser und sah einige Filme von Ingmar Bergmann, der vor allem auf der Nachbarinsel Farö seine Spuren hinterlassen hat. Für die Ausstellung, die wir im Verlauf meines Aufenthaltes eröffnen konnten, standen Räume im Gotlands Muse­ um zur Verfügung, wo man auf eine Sammlung reicher archäologischer Fundstücke blickt, die in dieser Dichte und Bedeutung selten an einem Ort zusammenkommen.
Die Ausstellung »Abstract Issues« zeigte neben einigen vorangegangenen Arbeiten viele der Malereien, an denen ich während der Zeit auf Gotland gearbeitet habe, und knüpfte somit an meine bisherige Arbeit an, in denen Innenräume, die Farbe, Flächen, Grenzen und das Licht zentrale Rollen spielen. Somit werfen sie Fragen auf, die die Malerei ins Zentrum setzen und innerhalb der Reduktion der Gegenständlichkeit Grenzpunkte zwischen dem, was wir als abstrakt wahrnehmen und was Gegenstand bleibt, ausloten.
Ein Monat ist eine kurze Zeit, die dazu einlädt wie­ derzukommen. Ich bin dankbar für die Zusammenarbeit mit Armin Scholler, der mir half, die Ausstellung zu or­ ganisieren, und Hanna Wärff­Radhe, die Türen öffnete, mich mit den Menschen vor Ort in Kontakt brachte und mir immer neue Seiten der Insel zeigte, auch um die Stille für eine Weile zu unterbrechen. So entstanden wertvolle Kontakte, die dem Austausch zwischen den Regionen eine weitere Dimension geben, Wissen, Erfahrungen und Wertschätzung austauschen und das Stipendium
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begleiten.
Lara Kaiser
 09/2022
     






















































































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