Page 39 - Preview
P. 39
RUNDGANG 37
08
‹‹‹
Wesentlich unverblümter setzte sich Frederike Mai mit ihrem zurückliegenden Tätigkeitsfeld in einem westmünsterländischen Supermarkt ländlicher Prägung auseinander: Freiräume im Arbeitsalltag wurden mittels versteckter Smartphone-Aufnahmen als Experimentier- feld genutzt, in welchem persönliches Bildertagebuch, distanzierte Dokumentationsästhetik und surreale Selbsterfahrung ineinander übergehen.
Ungebremst ins surreale Si-Fi taumelten auch die neusten Weltraumabenteuer des Postzustellers Lenz Jaser mitsamt Privatdetektiv H.O.R.N, welche sowohl im zeitlosen Cyberspace wie auch zeitreisend in einem 80er-Jahre-Paralleluniversum ihre künstlerische Aus- gestaltung fanden, wo der gute alte kalte Krieg von damals schon wie heute aus dem Ruder gelaufen war. Drehbuch, Produktion, Regie, Schauspiel und computer- generiertes Imaging wurden vom Meisterschülerteam Liedtke/Altekamp souverän und dennoch überraschend erledigt, unterstützt vom ebenso meisterhaften Prak- tikanten Lennart Kinne und vielen anderen Freiwilligen. Ob das hierfür eigens aufwendig generierte Raumschiff wie bei der ersten Folge beim kommenden Rundgang womöglich als 3-D-Druck bewundert werden darf, bleibt abzuwarten.
05 »Super Fee«
06 »Raumschiff«
07 »Waldhütte«
08 »Rückblick«
Als Raum- und Zeitkapsel anderer Art inszenierten Julius Schulze-Farwick und seine Crew eine verborge- ne Waldhütte zwischen Lengerich und Bad Iburg. Im hier entstandenen filmischen Kurzepos »Bannkorb« soll die Zeitlosigkeit der Natur dem Protagonisten als Rückzugsraum aus einer dunklen Vorgeschichte dienen. Konstruierte Friedfertigkeit. Im Kriegsjahr 2022 leider eine erschreckend aktuelle Vision über unaufgelöste Vergangenheitslinien und verdrängte Traumata.
Filmkunst als Heilung durch vorausschauenden Rückblick verspricht auch Mustafa Khalafs Produktion »Salziges Karamell« unter Beweis zu stellen. Hier geht es um eine dysfunktionale Vater-Tochter-Beziehung, der die Gemeinsamkeiten verloren gegangen sind. »Eine poetisch, musikalisch, surreal angehauchte und gleich- zeitig authentische Geschichte um das Dilemma vom ungewollten, vielleicht nötigen Loslassen und über den Versuch, sich in Gänze zu sehen, wenn einen nicht nur die Generationen, sondern auch die Kulturen trennen«
(M. Khalaf).
Text: Die Klasse