DIGI-FELLOW-Projekte an der Kunstakademie Münster
Die Kunstakademie Münster konnte von 2022 bis 2024 für drei hochschulinterne Projekte eine DigiFellow-
Förderung des Landes NRW vergeben („Fellowships für Innovationen in der digitalen Hochschullehre“) und
freut sich sehr, dass alle Projekte erfolgreich umgesetzt wurden. Besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang Sabine Funk, Stabsstelle Entwicklungsvorhaben Digitale Lehre, Netzwerk ORCA NRW). Bemerkenswert ist, dass die Fördermittel des Landes die ganze Breite unserer Lehre an der Akademie erreicht haben:
Nicoline van Harskamp, Professorin für Performative Kunst, realisierte für die künstlerische Lehre mit der Telepresence Toolbox eine Kombination aus Online-Plattform und umfangreichem Equipment-Set, mit dem Kunststudierende sich das Feld der Online-Performance experimentell erschließen können. Zugleich mit der technischen, künstlerischen sowie konzeptionellen Untersuchung und Weiterentwicklung der Möglichkeiten können sie sich mit Live-Übertragung per Streaming-Technologie vertraut machen.
Dr. Gesa Krebber, Professorin für Kunstdidaktik, gründete mit dem AERN (Art Education Research Network) einen kollaborativen Learning Space für das kunstdidaktische Studium. Informationen zu studentischen Forschungsprojekten, wie sie z.B. im Rahmen des Praxissemesters im Lehramtstudium durchgeführt werden, sind über eine intelligente Verschlagwortung zugänglich. Intentionen, Konzepte und Erfahrungen solcher Projekte werden so geteilt und für die Weiterentwicklung von Ideen zur Verfügung gestellt.
Michael Spengler, künstlerisch-technischer Lehrer für Film, Video und Neue Medien, baute für die Werkstattlehre ein Virtual Production Lab auf. In diesem virtuellen Filmstudio können multiprofessionelle Teams von verschiedenen Orten aus und mit Hilfe digitaler Technik mediale, künstlerische Projekte realisieren. Realräumliche Gegebenheiten vor Ort können mit digital gestalteten Räumen zu einem virtuellen Gesamtsetting „verschmolzen“ werden.
Weitere Informationen zu den einzelnen Projekten finden Sie in den entsprechenden Reitern unter diesem Beitrag.
Das Projekt „Virtual Production Lab“ der Werkstatt Film | Video | Neue Medien konnte im Rahmen der DigiFellow-Förderung die technischen Voraussetzungen im Film-Studio so aufbauen, dass mittels der Verwendung von Virtual Production Techniken künstlerische Arbeiten von Studierenden realisiert werden können, sowie auch die Voraussetzungen schaffen, einen Remote-Workflow zu ermöglichen, durch den Filme im Studio gedreht werden können, ohne dass entscheidende Positionen, wie z.B. die Regie oder Kameramenschen vor Ort sein müssen. Dabei ist es in der kommenden Zeit wichtig herauszufinden, in wie weit diese Technik im künstlerischen Bereich eingesetzt werden kann, wo es Grenzen gibt und wo vielleicht auch technische Probleme gelöst werden müssen.
In mehr als 100 Jahren Filmgeschichte haben sich Produktionsprozesse etabliert, die lange Zeit als gesetzt galten. Der Produktionsablauf war klar in Vorproduktion, Produktion und Postproduktion gegliedert und es war auch selbstverständlich, dass alle künstlerischen Gewerke am Set in enger, auch physisch präsenter Form zusammenarbeiten. Auch an der Kunstakademie Münster war bzw. ist diese Art des Produzierens bei größeren Filmprojekten meist immer noch der Fall.
Mit dem Einzug der Virtual Production (VP) in die Film- und Medienproduktion, vor wenigen Jahren wurden genau diese Säulen hinterfragt und aus heutiger Sicht der Technik neu gedacht. Dabei werden im Studio in Echtzeit generierte, hochauflösende 3D-Environments i.d.R. auf eine riesige LED-Wand gespielt, vor der dann Schauspielende in teils realen Sets agieren. Dabei geht das wirklich vorhandene Szenenbild im Idealfall nahtlos in das animierte im Hintergrund über. Wenn keine LED-Wand zur Verfügung steht, funktioniert ebenso ein Greenscreen, wie im Falle des Filmstudios an der Kunstakademie.
Ziel des Virtual Production Labs ist es, die Möglichkeiten der VP für künstlerisches Gestalten auszuloten und verschiedene künstlerische Projekte, auch experimenteller Natur, zu realisieren. Dabei werden bei der Gestaltung räumliche und physische Hindernisse überwunden und die dafür notwendigen Technologien der Virtual Production eingesetzt und künstlerisch reflektiert.
Interview mit Michael Spengler:
Die Telepresence Toolbox besteht aus einer Online-Plattform und einem umfangreichen Equipment-Set, das Kunststudierenden das Experimentieren mit Online-Performance- oder Event-Arbeiten ermöglicht. Das Set ist modular aufgebaut und kann überall hin mitgenommen werden, wo die Arbeit stattfindet.
Drei Aluminiumkoffer enthalten die wichtigsten Geräte, die zum Aufzeichnen und Streamen einer Live-Arbeit benötigt werden. Der Koffer „Regie“, rot gekennzeichnet, enthält Video- und Audio-Mixer, einen Monitor, einen Laptop, Walkie-Talkie-Sets usw. sowie die erforderliche Mindestverkabelung. Der Koffer „Audio & Video“, rosa gekennzeichnet, enthält Fernsteuerungskameras, Funk- und Raummikrofone sowie die erforderliche Mindestverkabelung. Der Koffer „Licht“, gelb gekennzeichnet, enthält Bühnenlicht, einen Laptop und die erforderliche Mindestverkabelung. Zusätzliche Geräte, blau gekennzeichnet, wie Lautsprecher und ein Videoprojektor stehen für Arbeiten zur Verfügung, die sowohl ein Präsenzpublikum als auch ein Onlinepublikum haben. Weitere Zubehör und Stromkabel, ebenfalls blau gekennzeichnet, werden je nach Bedarf bereitgestellt.
Die Webseite www.telepresencetoolbox.org ermöglicht das Live-Streaming, Archivieren, Kontextualisieren und Ankündigen der verschiedenen Arbeiten. Die Arbeiten werden nicht kuratiert, und die von den Studierenden bereitgestellten Inhalte werden nicht moderiert. Die Sprachwahl ist im ganzen Projekt frei.
Verfügbarkeit
Die Telepresence Toolbox wird derzeit im Rahmen der Klasse für Performative Kunst in enger Verbindung mit der Werkstatt für Digitale Kunst und der Werkstatt für Film, Video und Neue Medien an der Kunstakademie Münster betreut. Studierende, die den Kurzkurs „Live-Regie mit der Telepresence Toolbox“ von Luis Neuenhofer besucht haben, können die Hardware reservieren und über Professor van Harskamp auf der Webplattform Input anfordern.
Luis Neuenhofer hat über mehr als 10 Jahre Erfahrung in der Regie von Live-Videoproduktionen. Er studierte Live-Regie an der Kunsthochschule für Medien Köln und arbeitete seitdem an digitalen Produktionen in Theater, Fernsehen und bildender Kunst.
Die Wahl des Ortes, des Maßstabs und der Dauer der Arbeiten ist frei, jedoch ist zu beachten, dass mindestens drei Personen für den Transport, die Handhabung und die Bedienung der Ausrüstung erforderlich sind. Eine vierte Person muss sich – remote oder vor Ort – der Überwachung des Live-Streams und der Live-Kommentare widmen.
Symposium
Telepresence Toolbox wurde von Nicoline van Harskamp, Professorin für performative Kunst an der Kunstakademie Münster, initiiert, um die Erfahrungen mit Online-Performances und Eventgestaltung in den Pandemiejahren zu reflektieren und darauf aufzubauen.
Wie können Künstler*innen eine Disziplin erweitern, die viel mehr ist als ein Produkt der Umstände? Welche gestreamten Performancepraktiken und welche „hybriden“ Praktiken – bei denen Liveness gleichzeitig persönlich und online stattfindet – gibt es heute? Welcher Tradition sind sie verpflichtet?
Im Juli 2023 organisierte sie zusammen mit Lena Newton, Professorin für Bühnenbild an der Kunstakademie Düsseldorf, ein Symposium mit Praktikern und Theoretikern aus verschiedenen Bereichen und Generationen, wie Joan Heemskerk, Mallika Taneja und Ali Eslami.
Infos folgen in Kürze…