Page 192 - Jahrbuch21_20220207.indd

Veronika Simmering
»How to feel human?«
26.01.2021
Zwei Ballons aus Haut und Haaren blasen sich abwech- selnd gegenseitig auf. Eine gelbe Figur schützt sich mit Mundnasenschutz vor der viralen Außenwelt und mit fleischlich anmutenden Ohrenwärmern vor dem Gefühl sozialer Isolation.
Zwischen digitaler Kitsch-Ästhetik und Melancholie beschäftigt sich Veronika Simmerings Arbeit mit Fragen des Menschseins. In »How to feel human?« wird die Web- site zum Ausstellungsraum und Ort ästhetischer Erfah- rung. Der eigene Bildschirm eröffnet und begrenzt diesen Raum gleichermaßen. Als Betrachtender fühlt man sich dabei ähnlich isoliert wie die Figuren, welche die Räume bewohnen. Durch Scrollen und Interagieren kann man sich in eigener Geschwindigkeit durch die virtuellen Räu- me bewegen und dabei sowohl vor- als auch zurückgehen. Es gibt keine notwendig sukzessive Narration, sondern eher eine Gleichzeitigkeit von assoziativ miteinander verknüpften und ineinander überfließenden Bildern und Szenen. Hier begegnet man seltsam anmutenden Ob- jekten, die an vereinzelte Körperteile oder abstrahiert
01 / »Rain«, 3D animiertes Video Loop (6 Sek.)
menschliche Wesen erinnern. Die Annäherung an das Menschliche und Körperliche wird zugleich aber immer wieder durch die plastikhafte Hochglanzoptik der stili- sierten Objekte gebrochen. Innerhalb dieser statischen und künstlichen Welt simulieren kurze animierte Loops einen Hauch von Lebendigkeit. Die Bewegungen zeigen Gesten des Sich-Annäherns, Sich-Austauschens, den Versuch, die Oberfläche zu durchbrechen. Gleichzeitig befinden sich die Figuren wie in einer Trance, gefangen in den immer gleichen, sich wiederholenden Bewegungen, unfähig, aus der Statik auszubrechen. Sie wirken wie eine Erinnerung an den Verlust der analogen Welt.
Frauke Jansen
Veronika Simmering
Geboren 1995 in Viersen. Seit 2015 an der Kunstaka­ demie Münster. Studierte bei Prof.in Mariana Castillo Deball. Seit 2021 Meisterschülerin.
https://veronikasimmering.de/