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Nele Breuers
»Where does the lip end and the mouth begin?«
Diese humorvolle und zugleich tiefgreifende Frage ist vor allem eine existenzielle: Eine Frage nach den Grenzen des eigenen Körpers. Die Werke zeigen persönliche und intime Auseinandersetzungen mit dem eigenen Körper. Das Organ Haut stellt hierbei die Schnittstelle zwischen Innen und Außen dar: Vermittler, Überträger und Spie- gel. Das Medium Ton dient als Materialisierung der Dar- stellung von individuellen, sinnlichen, dem eigenen Kör- per innewohnenden Wahrnehmungsprozessen. Es sind feinste, aber auch aggressive Berührungspunkte zwi- schen Haut und Material, welche für die Betrachtenden in Form von Spuren sichtbar sind. Verweise auf impulsive und intuitive Handlungen, welche sich durch den Körper als Handlungsmedium im Material einverleiben. Was
bleibt, sind Flächen des Kontakts, der Berührung und Begegnung, welche durch Glasur und Brand den intim- sten Moment der Auseinandersetzung verschließen. Wie eine Schutzschicht legt sich die Glasur auf den Ton und bewahrt das Innere, für die Außenwelt lediglich durch den Glanz sichtbar, auf. Die Arbeiten bewegen sich durch ihre Beschaffenheit zwischen Ekel, Faszination und Äs- thetik. Barrieren und Frustration sind Bestandteil der Forschung nach den Anfängen und Grenzen körperlicher Wahrnehmung sowie deren Darstellung. Diese zeigen sich sowohl in leiblich wahrnehmbaren Untersuchun- gen des eigenen »Innen« und »Außen« als auch in dem Versuch einer Versprachlichung des Körpererlebnisses. Wenn die Grenze der Haut im Mundraum nicht sicht- bar ist, so zeigt uns dies vielmehr, welche Tiefe diese Fläche hat, obwohl sie scheinbar so oberflächlich ist.
Svenja Schaaf
Nele Breuers Geboren 1997 in Ahaus. Seit 2016 an der Kunstakademie Münster. Studierte bei Prof. Klaus Weber. Seit 2022 Meisterschülerin.
  08   11   2022
       



























































































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