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Tineke Kaiser
»Kritische Punkte«
Spannung bedeutet, etwas ist in Bewegung. Etwas ist im Prozess. Eine Dynamik entsteht, die uns auffordert, eine Haltung einzunehmen oder etwas zu tun.
Tineke Kaiser zeigte in ihrer Ausstellung »Kritische Punkte« unterschiedliche Ansätze zur Auseinanderset- zung mit kunstphilosophischen Positionen, Geschichte, Relativitäten, Moral & Gesellschaft und dem eigenen kritischen Bewusstsein.
In zehn Werken mit verschiedenen formalen Um- setzungen und Materialien thematisierte Kaiser Do- minanz- und Abhängigkeitsverhältnisse – ob zwischen Mensch und Welt, Künstler und Muse, Gesundheit und Krankheit, den Gegensätzen von Arroganz und Respekt oder von Individuum und Familie.
Der Haken wurde sowohl als Skulptur und Objekt ge- nutzt als auch sprachlich und symbolisch (der Haken an der Sache ist ...), um die gesamten Werke miteinander zu synchronisieren und durch die Ausstellung zu dirigieren.
Der Raum wurde in seinem vollen Volumen bespielt und wurde ein Ort des Widerstands, der Revolte, utopi- scher Entwürfe oder eben ein Ort, um Haltung zu zeigen und Mut zur Veränderung aufzubringen.
01 Ausstellungsansicht
Die Kontraste zwischen teilweise expressiv auto- biografischen Arbeiten, kunsthistorischen Konversati- onen und ironisch aufgeladenen Objekten stellten den Betrachtenden intuitiv Fragen: Woran bleibe ich wort- wörtlich hängen? Was sehe ich eigentlich? Wo liegt die Verknüpfung zwischen Macht und Status und wen küsst die Muse eigentlich?
Es geht indessen gar nicht zwingend um Antwor- ten, sondern vielmehr darum, zum persönlichen Dis- kurs anzuregen, um so direkt zu veranschaulichen, wie wichtig die kritische Auseinandersetzung mit un- terschiedlichen Perspektiven und Meinungen ist. Dies bildet schließlich ein Bewusstsein und das Fundament unserer Gesellschaft. Ein Missverständnis wird jedoch ganz klar sichtbar: Seine Meinung frei zu äußern heißt nicht, dass dieser nicht widersprochen werden darf. Im Gegenteil, Meinungsfreiheit bedeutet auch Freiheit zum Widerspruch. Gegensätze sind notwendig, denn wo kein Widerspruch möglich ist, da ist auch kein wirklicher Dia- log. Somit kreieren die ausgestellten kritischen Punkte Augenblicke der Konfrontation, Irritation und Spannung.
Wir sind herausgefordert, uns dessen bewusst zu sein. Mannan Atasoy
Tineke Kaiser Geboren 1986 in Bremen. Seit 2010 an der Kunstakademie Münster. Studierte bei Prof. Henk Visch und Prof. Klaus Weber. Seit 2022 Meisterschülerin von Prof. Klaus Weber.
https://www.klasseweber.de/tineke-kaiser
  26   04   2022
       




















































































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