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 terial. Andere verbrachten den Monat beispielsweise damit, einen großen Hasen aus Marmor zu hauen, um ihm am Ende eine Karotte zuzufügen, Recherche über Mineralien und Mining zu vertiefen und die Risse in den Felswänden mit rosa Zuckerguss zu füllen, Türstop- per aus der Festung oder Oper in Salzburg zu klauen und diese in Marmor nachzuformen, oder sich täglich mit einem großen Diamantscheibenschleifer auf einen massiven Steinblock zu stürzen, um körperähnliche Formen herauszuarbeiten und abends weiß bepudert in die Küche zu stapfen. Die Küche ist und war ein Ort der Gemeinschaft und einen Monat zusammen in eine Welt einzutauchen, die mit dem Alltag der meisten von uns wenig zu tun hat. Auf der Suche nach ein wenig Eigen- raum habe ich mich hin und wieder zwar unter dem Tisch versteckt, alles in allem möchte ich diese unvergleich- lich intensive Gruppenerfahrung, die sich nicht nur um den Stein herum entfaltete, in keinem Fall missen. Erst gegen Ende entdeckte ich, wie schön es ist, im Dunkeln den von Steinen und Steinchen versehenen Weg im Stein- bruch hoch zu laufen, auf einen der massiven Felsblöcke zu klettern, zu liegen und in die Sterne zu schauen. Die hellen Felswände reflektieren das Licht, sodass sie zu strahlen scheinen im Kontrast zu den fast schwarzen Tannenwipfeln um sie herum.
Lisa Dohmstreich
Im Rahmen des Stipendienprogramms der Kunstakade- 111 mie Münster wurde es mir ermöglicht, die Salzburger Sommerakademie zu besuchen. Ziel des Kurses war
es, das Bewusstsein über die individuelle Perspektive
zu fördern und den Inhalt der eigenen Arbeiten zu hin- P terfragen. Hierdurch wird das Erzählen der eigenen R Narrative intensiviert. E
Auf der Festung Hohensalzburg, im dritten Stock, I sammelten wir uns, um gemeinsam zu arbeiten. Zusätz- S lich wurde durch eine Bücherecke und mit der gemein- E samen Besprechung von KünstlerInnen, bei der auch die eigenen Werke diskutiert wurden, ein Raum für Diskurs / geschaffen. Hierzu zählte auch der gemeinsame Besuch
der Ausstellung »End of Empire« von Yinka Shonibare S CBE (geb. 1962) im Museum der Moderne Salzburg, wel- T cher zu meinen Highlights gehörte. I
Das Vorstellen der eigenen künstlerischen Praxis P von Flora und Nadira bot außerdem weitere Einblicke E in das Leben von KünstlerInnen, welche auf dem Kunst- N markt vertreten sind. Durch die hohe Anzahl an Teil- D nehmerInnen (22) war es leider nicht möglich, innige I Gespräche mit den beiden Kursleiterinnen zu führen. E Trotzdem fand ich die kurzen Momente, die ich mit ih- N nen teilte, sehr bereichernd. Ich glaube, dass ein paar
ihrer Anregungen mich in dem weiteren Verlauf meines Studiums positiv beeinflussen werden.
Darüber hinaus schuf die Sommerakademie einen Raum, in dem das kontinuierliche Malen in einer Gruppe wieder möglich war, eine Situation, welche durch die Pandemie unterbrochen wurde. Diesen Zustand habe ich sehr genossen und somit die Öffnungszeiten der Festung voll ausgeschöpft. Hierdurch sind mehrere Malereien und Skizzen entstanden, auf die ich meine weitere Praxis stützen kann.
Die zwei Wochen auf der Festung gingen rasch vor- über, dies auch, da der letzte Tag in Verbindung mit einer Ausstellung stattgefunden hat. Hierfür wurde schon einige Tage früher über die Auswahl von Werken sowie die Platzvergabe diskutiert, was das praktische Arbei- ten natürlich hinderte. Trotzdem fand ich die Ausstel- lung sowie die Präsentationen der anderen Kurse sehr interessant, gerade auch, weil der Kontakt zu anderen Klassen vorher eher gering ausfiel.
Aduni Ogunsan
   






















































































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