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»Malerei 22«
Ausstellungsprojekt der Kunstakademie Münster und des Landschaftsverbandes Westfalen­Lippe im Kulturhistorischen Museum Haus Kemnade und in der »galerie januar« in Zusammenarbeit mit dem Kunstverein Bochum und dem Verein zur Förderung junger Kunst galerie januar e. V., Bochum
Seit 2004 veranstalten die Kunstakademie Münster und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gemeinsam die Ausstellungsreihe Malerei. In ihr ver- binden sich auf ideale Weise Aufgaben und Ziele beider Institutionen. Das Konzept einer jährlich an wechselnden Orten in der Region stattfindenden sorgsam kuratierten Ausstellung mit jungen Malerei-Positionen stellt eine Förderung des künstlerischen Nachwuchses und der kulturellen Teilhabe dar, wie sie den Zielen und Ideen der allgemeinen Kulturförderung des LWL entspricht. Für die Kunstakademie Münster sind Ausstellungsprojekte wie dieses integraler Bestandteil ihrer praxisorien- tierten künstlerischen Lehre. In diesem Jahr findet die Ausstellung an gleich zwei Ausstellungsorten in Bochum statt: im Kulturhistorischen Museum Haus Kemnade sowie in den Räumen des Vereins zur Förderung junger Kunst »galerie januar«.
Das kuratorische Ziel der Reihe »Malerei« ist stets zu zeigen, wie sich das Medium immer wieder selbst infrage stellt und auch erneuert. Sie soll demonstrie- ren, wie Malerei bei allem technischen Fortschritt der künstlerischen Medien einerseits über alle Diskussionen hinweg bei sich bleibt und andererseits an den zeitge- nössischen Entwicklungen teilnimmt und daraus eine Zukunftsperspektive entwickelt.
Kuratiert wurde die diesjährige Ausgabe von den Professoren der Kunstakademie Münster Dr. Erich Franz und Dr. Ferdinand Ullrich, die die Reihe seit Beginn verantworten, sowie von Dr. Friederike Maßling, Refe- ratsleiterin der LWL-Kulturabteilung, Reinhard Bus- kies, künstlerischer Leiter des Kunstvereins Bochum, und Ulrich Fernkorn, Vorsitzender des Vereins »galerie januar«. Gemeinsam wählten sie für die Teilnahme die vier Studierenden Mara Lilli Bohm, Niels Fäßle, Steve C. E. Knoll und Malte Roes aus. Zur Ausstellung er- scheint ein Katalog, der am 22.01.2023 im Rahmen eines Künstler*innengesprächs auf Haus Kemnade vorgestellt werden wird:
Auszüge aus dem Katalog zu den einzelnen Posi­ tionen der Ausstellung:
Mara Lilli Bohm
»An Bohms Bildern scheitert jeder Versuch einer Beschreibung. Worte, Sätze, Texte streben nach Ein- heit, stellen Einheiten her. Deshalb passen sie hier nicht. Sicher: In jedem Bild sehen wir eine Reihe von Gegenständen, von verpackten Waren, dicht an dicht, neben- oder übereinander. Doch bereits dieser erste Be- schreibungsversuch ist absurd, wenn wir auf die Bilder blicken. »Gegenstände«, das hieße: Körper, begrenzte Formen. Doch was wir als Gläser, Dosen, Packungen betrachten: Sie runden sich nicht, sie stehen nicht, sie lassen sich nicht voneinander lösen. Auch ihre Details, die Oberflächen (...), die Knicke und Lichtreflexe, die auf- gedruckten Farben, Schriften und Werbezeichen (...) – all diese Dinge und Einzelheiten sind deutlich erkennbar –, aber sie »stimmen« nicht. (...) All die vorgegebenen Formen und Farben von Gegenständen sind mit dünnem und behutsam geführtem Pinsel nachgeahmt, nachge- zogen. (...) So wird jede Reihe von »Gegenständen« zu einem Fest der großzügigsten, naivsten, prachtvollsten, überraschendsten Malweisen (...). Das Unvereinbare und Widersprüchliche dieser sinnlosen Reihungen hat auch eine dadaistische Komik.« (Erich Franz)
Niels Fäßle
»Niels Fäßle kombiniert nicht Formen im Bild, son- dern Bewegungen. (...) Echte Farbflüssigkeit und digital projizierte Farben treffen unerwartet aufeinander. Die dickflüssige Farbpaste erzeugt beim Betrachten eine andere Bewegungsvorstellung als eine mit der Sprühdo- se hergestellte Farbnebelspur, und die Bewegungsemp- findung eines mit der Maus auf dem Bildschirm erzielten Wischers ist noch einmal anders.
Wir verlieren die Formen, die wir im Bild flüchtig erfassen, gleich wieder aus dem Auge. Nichts, was wir sehen, lässt sich festhalten. Unsere Anteilnahme an ei- nem Verlauf »springt« im nächsten Moment auf andere Vorstellungen »um«. (...)
Materiell bewegt sich zwar nichts, aber die Wahr- nehmungen, die ein Werk von Niels Fäßle erzeugt, un- terlaufen jeden Ansatz zu einem ruhigen Ganzen, einer Gestalt. (...)« (Erich Franz)
Steve C. E. Knoll
(...) Figuren, Möbel, Plätze, Zimmer – und zugleich: schwarze Flecken, schwarze Pinselspuren, schwarze Schatten, schwarze Haare, jedoch auch weiße Flächen, weiße Gesichter, weiße Kleidungsstücke, weißer Fußbo- den. Das Schwarz ist nicht »auf« das Weiß aufgetragen. Je nachdem, wohin mein Blick gerade geht, wechselt die Identität dessen, was ich sehe. (...) Ebenso wechselt die
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  12   11   2022   — 29   01   2023
   


















































































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